Moderierte Mediation oder mediierte Moderation?
Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Arndt Regorz, Dipl. Kfm. & M.Sc. Psychologie, Stand: 08.06.2019


Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Konzepte Mediation und Moderation miteinander zu verbinden. Manchmal spricht man dann von mediierter Moderation, manchmal von moderierter Mediation (Muller, Judd, & Yzerbyt, 2005) und manche sprechen auch einfach nur von conditional indirect effects (Preacher, Rucker, & Hayes, 2007).

Dieses Tutorial soll etwas Klarheit in diese Begriffsverwirrung bringen. Es beruht im Wesentlichen auf dem Standardtext von Muller et al. (2005) sowie auf Preacher et al. (2007).

Inhalt

  1. Wiederholung: Mediation und Moderation
  2. Idealtypische mediierte Moderation
  3. Idealtypische moderierte Mediation
  4. Mediierte Moderation und moderierte Mediation im weiteren Sinne
  5. Conditional indirect effects
  6. Relevanz für die Auswertung
  7. Quellen

1. Wiederholung: Mediation und Moderation

Bei der Mediation geht es darum, auf welchem Weg ein Effekt von einer unabhängigen Variable auf eine abhängige Variable vermittelt wird. Der Mediator ist eine dritte Variable, welche von der unabhängigen Variable beeinflusst wird und wiederum die abhängige Variabler beeinflusst.

Grafik Mediation


Bei der Moderation hingegen geht es darum, wovon die Stärke (und ggf. Richtung) eines Effekts von einer unabhängigen Variable auf eine abhängige Variable abhängt. Der Moderator ist eine dritte Variable, welche die Stärke des Wirkung von der unabhängigen Variable auf die abhängige Variable beeinflusst.

Grafik Moderation


Wenn Ihnen diese beiden Konzepte nicht mehr ganz geläufig sind, können Sie das in meinen Tutorials zu Mediation und Moderation ausführlich wiederholen.

2. Idealtypische mediierte Moderation

Bei der idealtypischen mediierten Moderation (engl.: mediated moderation) nach Muller et al. (2005) liegt zunächst einmal insgesamt eine signifikante Moderation vor. Die Stärke des Zusammenhangs zwischen einer unabhängigen Variable (UV) und einer abhängigen Variable (AV) hängt also ab von einer Moderatorvariable (MOD).

Eine mediierte Moderation liegt danach dann vor, wenn dieser Moderatoreffekt an einem indirekten Pfad von der UV über einen Mediator (MED) auf die AV ansetzt. Es gibt also einen indirekten Effekt, dessen Stärke hängt vom Moderator ab und damit hängt auch die Stärke des Gesamteffekts vom Moderator ab.

Das kann man sich ein wenig so vorstellen wie eine Straßenverbindung zwischen zwei Städten (U-Stadt und A-Stadt) zur Rush-Hour, wobei die Straße nur eine begrenzte Kapazität hat. Man kann aber auch einen Umweg über eine dritte Stadt nehmen (nennen wir sie MED-Stadt), doch auf dieser Ausweichstrecke ist zeitweise eine Baustelle. Die Baustelle entspricht hier dem Moderator, von ihr hängt ab, wie viel Verkehr den indirekten Weg über die dritte Stadt nehmen kann – und damit auch, wie viel Verkehr zur Rush-Hour insgesamt fließen kann. Dabei kann die Baustelle natürlich an verschiedenen Stellen sein, entweder zwischen U-Stadt und MED-Stadt (= a-Pfad der Mediation), oder zwischen MED-Stadt und A-Stadt (= b-Pfad der Mediation), oder an beiden Teilstrecken.

Grafik mediierte Moderation


Mediierte Moderationen und moderierte Mediationen kann man gut mit dem PROCESS-Makro von Hayes auswerten. Nähere Informationen dazu finden Sie auf dessen Internetseite zu PROCESS (Hayes, n.d.) sowie in seinem Buch (Hayes, 2017).

Ein mögliches (von vielen möglichen) PROCESS-Modell für eine idealtypische mediierte Moderation wäre dort das Modell 7 (in PROCESS Version 3):

Grafik PROCESS-Beispiel mediierte Moderation


3. Idealtypische moderierte Mediation

Bei der idealtypischen moderierten Mediation (engl.: moderated mediation) nach Muller et al (2005) gibt es insgesamt keine Moderation. Die Stärke des Zusammenhangs zwischen einer unabhängigen Variable (UV) und einer abhängigen Variable (AV) hängt also hier nicht ab von einer Moderatorvariable (MOD).

Jedoch hängt bei einer moderierten Mediation der Weg zwischen UV und AV vom Moderator ab. Je nach Ausprägung des Moderators verschiebt sich das Verhältnis zwischen einem direkten Effekt und einem indirekten Effekt.

Das kann man sich ein wenig so vorstellen wie eine Eisenbahnverbindung zwischen zwei Städten (U-Stadt und A-Stadt). Normalerweise fährt der Zug die direkte Verbindung, aber wenn dort ein Zwischenfall ist, wird eine Weiche umgelegt und stattdessen fährt der Zug einen Umweg über eine dritte Stadt (MED-Stadt). Die Weiche, die steuert, ob der direkte oder der indirekte Weg genommen wird, ist hier der Moderator. Und sie verändert nur den Weg, den der Zug nimmt, aber hat keinen Einfluss darauf, wie viele Fahrgäste insgesamt von U-Stadt nach A-Stadt kommen (= insgesamt keine Moderation).

Grafik moderierte Mediation


Ein mögliches PROCESS-Modell für eine idealtypische moderierte Mediation wäre dort das Modell 8 (in PROCESS Version 3):

Grafik PROCESS-Beispiel moderierte Mediation


4. Mediierte Moderation und moderierte Mediation im weiteren Sinne

Diese idealtyptische Darstellung ist zwar theoretisch recht überzeugend, hat aber einen entscheidenden Nachteil: In der Realität kommen häufig auch Mischformen vor, die nicht eindeutig einem der beiden Idealtypen zuzuordnen sind.

Neben dieser idealtypischen Darstellung führen Muller et al. (2005) auch Begriffsbestimmungen im weiteren Sinne ein. Dabei soll die Begriffsverwendung davon abhängen, was die theoretische Zielsetzung der Analyse ist.

Wenn es insgesamt eine Moderation gibt und es darum geht, welcher Prozess diesen Moderationseffekt erzeugt, dann liegt in diesem Sinne eine mediierte Moderation vor.

Wenn es hingegen darum geht, einen indirekten Effekt hinsichtlich möglicher Moderatoren zu untersuchen, dann ist es insoweit eine moderierte Mediation. Und das kann der Fall sein sowohl ohne als auch mit einer Moderationswirkung für den totalen Effekt.

Eine Konsequenz dieser Begriffsbestimmungen im weiteren Sinne ist, dass die beiden Begriffe sich nicht mehr gegenseitig völlig ausschließen. In diesem Sinne kann eine mediierte Moderation je nach Erkenntnisziel immer auch eine moderierte Mediation sein. Umgekehrt gilt das jedoch nicht zwingend, da eine mediierte Moderation weiterhin einen totalen Moderationseffekt voraussetzt, während eine moderierte Mediation auch ohne totale Moderation möglich ist.

Insoweit ist also die mediierte Moderation im weiteren Sinne eine Teilmenge der moderierten Mediation:

Grafik mediierte Moderation als Teilmenge


Wenn man sich nicht weiter mit der Begriffsbestimmungen beschäftigen will, ist man im weiteren Sinne mit dem Begriff der moderierten Mediation also meistens auf der sicheren Seite.

5. Conditional indirect effects

Einen anderen Ausweg aus der Frage, wie man Kombinationen aus Moderation und Mediation bezeichnet, wählen Preacher et al. (2007). Sie verwenden durchweg den Begriff der conditional indirect effects (bedingte indirekte Effekte).

Ihre Begründung: „We believe this choice is warranted because all of the effects described above represent mediation effects that vary in strength conditional on the value of at least one moderator variable“ (Preacher et al, 2007, p. 195).

Diese Begriffsverwendung ist insoweit die bequemste Variante, weil man sich dann mit der begrifflichen Abgrenzungsfrage gar nicht weiter auseinandersetzen muss.

6. Relevanz für die Auswertung

Wenn Sie Ihre Daten hinsichtlich einer Kombination aus Moderation und Mediation analysieren, dann haben diese Begriffsfragen eigentlich keine Auswirkungen.

Sie verwenden in der Regel PROCESS, suchen das Modell, das am besten zu Ihrer Theorie passt, und werten es entsprechend aus. Oder Sie setzen SEM ein, z.B. bei komplexeren Modellen.

Nur für das anschließende Verschriftlichen Ihrer Ergebnisse müssten Sie sich auf eine der drei o.g. Begrifflichkeiten festlegen und das ggf. mit der dafür relevanten Quelle begründen.

7. Quellen

Hayes, A. F. (2017). Introduction to mediation, moderation, and conditional process analysis: A regression-based approach. New York, NY: Guilford Publications.

Hayes, A. F. (n.d.). PROCESS (Computer Software). Retrieved from https://www.processmacro.org/download.html

Muller, D., Judd, C. M., & Yzerbyt, V. Y. (2005). When moderation is mediated and mediation is moderated. Journal of personality and social psychology, 89, 852-863. doi:10.1037/0022-3514.89.6.852

Preacher, K. J., Rucker, D. D., & Hayes, A. F. (2007). Addressing moderated mediation hypotheses: Theory, methods, and prescriptions. Multivariate behavioral research, 42, 185-227. doi:10.1080/00273170701341316


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