Mediatoranalyse bei multipler Regression - Teil 1:
Die Grundlagen und das Schema von Baron&Kenny

Arndt Regorz, Dipl. Kfm. & M.Sc. Psychologie, Stand: 11.08.2021


Die Suche nach Mediatoren ist in der Forschungspraxis eines der häufigsten Einsatzgebiete der multiplen Regression. Und es ist auch ein häufiges Thema für empirische Bachelorarbeiten oder Masterarbeiten.

Dieser erste Teil des Tutorials vermittelt Ihnen die theoretischen und praktischen Grundlagen dazu. Im zweiten Teil, Mediatoranalyse 2: Schätzung indirekter Effekte mit Bootstrapping, werden darauf aufbauend modernere Schätzverfahren für den indirekten Pfad vorgestellt und zum Abschluss im dritten Teil, Mediatoranalyse 3: Verfahren für Fortgeschrittene, mehrere Verfahren jenseits der Betrachtung von Querschnittsdaten mit multipler Regression betrachtet.

Inhalt

  1. Video-Tutorial
  2. Zusatzmaterialien zum Video
  3. Was ist Mediation?
  4. Beispiele
  5. Mehrere Mediatoren
  6. Mediation oder Moderation?
  7. Kausalität
  8. Mögliche Alternativerklärungen
  9. Notation der Effekte
  10. Verschiedene Ansätze zur Prüfung von Mediationshypothesen
  11. Prüfschema von Baron und Kenny
  12. Stärke des indirekten Effekts
  13. Signifikanz des indirekten Effeks: Sobel-Test
  14. Aufruf in SPSS
  15. Interpretation SPSS-Output
  16. Fallen bei der Ergebnisdarstellung
  17. Schwächen des Ansatzes
  18. Quellen

1. YouTube-Video-Tutorial


(Hinweis: Mit Anklicken des Videos wird ein Angebot des Anbieters YouTube genutzt.)

2. Zusatzmaterialien zum Video

Hier finden Sie ergänzende Materialien zum Video über die Mediationsprüfung nach Baron&Kenny.

Aufruf SPSS Mediatoranalyse Baron&Kenny

Interpretation SPSS-Auswertung Mediatoranalyse Baron&Kenny

3. Was ist Mediation?

„Mediation“ lässt sich am einfachsten mit „Vermittlung“ übersetzen. Es wird sozusagen der Pfad gesucht, über den eine unabhängige Variable X eine abhängige Variable Y beeinflusst.

Sie können sich einen Mediator wie ein Werkzeug vorstellen: Sie wollen eine Schraube in der Wand festziehen. Sie bewegen Ihre Hand (unabhängige Variable), die Schraube in der Wand dreht sich (abhängige Variable) und Sie suchen nun danach, was den Einfluss Ihrer Handbewegung auf die Schraube vermittelt. In diesem Fall ist es der Schraubenzieher (Mediator): Ihre Handbewegung bewegt den Schraubenzieher und die Drehung des Schraubenziehers führt zur Drehung der Schraube.

Hier würde man von vollständiger Mediation sprechen, da die Schraubenbewegung ausschließlich vom Schraubenzieher erzeugt wird. Ohne diesen würde sich die Schraube kein bisschen bewegen, wenn Sie Ihre Hand drehen.

Grafik vollständige Mediation


Es gibt aber in der Praxis auch den Fall einer partiellen (=teilweisen) Mediation. Dabei wird der Einfluss der unabhängigen Variable auf die abhängige Variable teilweise über eine dritte Variable (Mediator) vermittelt. Aber es gibt daneben auch einen direkten Einfluss der unabhängigen Variable auf die abhängige Variable.

Auch die partielle Mediation kann man sich mit einem handfesten Beispiel merken: Stellen Sie sich vor, es ist sehr heiß und Sie fächeln sich mit einem Fächer etwas frische Luft zu. Ihre Handbewegung ist die unabhängige Variable, der Luftstrom im Gesicht ist die abhängige Variable und die Bewegung des Fächers ist der Mediator. Dann wird zwar einerseits ein Großteil der Luftbewegung (abhängige Variable) durch die Bewegung des Fächers (Mediator) erzeugt. Aber auch ohne den Fächer würde alleine durch die Bewegung der Hand (unabhängige Variable) etwas frische Luft in Ihrem Gesicht ankommen.

Grafik partielle Mediation


Den Weg von der unabhängigen Variable direkt zur abhängigen Variable nennt man direkten Effekt, den Weg von der unabhängigen Variable über den Mediator zur abhängigen Variable nennt man indirekten Effekt. Und direkter Effekt und indirekter Effekt (oder indirekte Effekte bei mehreren Mediatoren) zusammen ergeben den totalen Effekt. Der totale Effekt wäre auch das Ergebnis einer einfachen Regression von UV und AV, ohne Betrachtung des Mediators.

Bei der vollständigen Mediation gibt es also nur einen indirekten Effekt über den Mediator, bei der partiellen Mediation gibt es nebeneinander einen direkten Effekt und einen indirekten Effekt.

4. Beispiele Mediation

Beispiel 1:
Wie bewirkt eine Veränderung der Zusammensetzung des Top-Managements eine Veränderung der Unternehmensstrategie? Cho und Hambrick (2006) fanden in einer Untersuchung in der Luftfahrtindustrie heraus, dass dieser Zusammenhang teilweise durch den Mediator "Aufmerksamkeit" vermittelt wurde.

Beispiel 2:
Wie führen die Kontakte mit Mitgliedern anderer Gruppen (z.B. mit Ausländern) zur Verringerung von Vorurteilen? Pettigrew und Tropp (2008) fanden hier vor allem zwei Mediatoren, die diesen Effekt vermittelten: die Verringerung von Angst vor den Mitgliedern der anderen Gruppe und eine verstärkte Empathie.

Beispiel 3:
Wie führt Kundenzufriedenheit zu einer höheren Loyalität gegenüber dem Anbieter? Für Versicherungen fanden Picón, Castro und Roldán (2013), dass dieser Effekt vor allem durch die subjektiv wahrgenommenen Kosten eines Anbieterwechsels vermittelt wurde.

5. Mehrere Mediatoren

Bisher haben wir nur Fälle mit einem Mediator betrachtet. Aber es können auch mehrere Mediatoren in einem Modell zum Einsatz kommen.

Dabei gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten:

Zum einen können die Mediatoren in einer Reihe hintereinander wirken. Die unabhängige Variable beeinflusst den ersten Mediator, der beeinflusst den zweiten Mediator und der beeinflusst die abhängige Variable.

Grafik Mediatioren in Reihe


Zum anderen können die Mediatoren auch parallel nebeneinander wirken. Die unahängige Varialbe beeinflusst beide (oder auch noch mehr) Mediatoren, die beide die abhängige Variable beeinflussen.

Grafik Mediatoren parallel


Eine parallele Mediation kann auch eine Erklärung für den Fall der partiellen Mediation sein: Sie testen einen Mediator und stellen fest, dass auch bei Berücksichtigung des Mediators noch ein direkter Effekt von X auf Y verbleibt (partielle Mediation). Das kann neben einem tatsächlichen direkten Effekt auch bedeuten, dass es einen weiteren Mediator gibt, den Sie nicht berücksichtigt hatten.

Im Falle von partieller Mediation lohnt sich daher häufig die Suche nach weiteren möglichen Mediatoren (kann man z.B. im Diskussionsteil unter "Weiterer Forschungsbedarf" diskutieren).

6. Mediation oder Moderation?

Mediation und Moderation werden anfangs leicht verwechselt. In beiden Fällen geht es darum, wie der Einfluss einer unabhängigen Variable X auf eine abhängige Variable Y mit einer Drittvariable zusammenhängt.

Im Fall der Mediation sucht man nach dem Mechanismus, der den Zusammenhang zwischen unabhängier Variable und abhängiger Variable vermittelt. Man sucht also gewissermaßen nach einem Werkzeug.

Bei der Moderation hingegen sucht man nach einer Größe, welche die Stärke (oder sogar Richtung) des Einflusses einer unabhängigen Variable auf eine abhängige Variable beeinflusst.

Beispiele für Moderator-Fragestellungen wären also:

  • Wie beeinflusst soziale Unterstützung den Zusammenhang zwischen Stress und Burn-Out?
  • Wie beeinflussen die kognitiven Fähigkeiten des Unternehmers den Zusammenhang von eingesetzten Planungsstrategien und dem Unternehmenserfolg?
  • Wie beeinflusst das Geschlecht den Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Wechselabsichten?

Mediatoren beantworten also die Frage „Welcher Mechanismus?“, Moderatoren die Frage „Wovon hängt die Stärke ab?“.

Mehr Informationen zur Moderation finden Sie hier:
Moderatoranalyse 1 - Grundlagen der moderierten Regression

7. Mediation und Kausalität

Mediation nimmt (zumindest implizit) Kausalität an. Ein Mediationsmodell geht also davon aus, dass die unahängige Variable die Ursache für den Mediator ist und der Mediator wiederum die Ursache für die abhängige Variable.

Wenn Sie mit Regressionsanalysen ein Mediationsmodell testen, müssen Sie jedoch eine ganz wichtige Einschränkung beachten: Kausalität lässt sich nicht mit statistischen Verfahren sichern, sondern nur durch das Versuchsdesign.

Wenn Sie in einer nicht-experimentellen Querschnittsuntersuchung Daten erhoben haben, dann können Sie damit zwar ein Mediatormodell berechnen. Wenn das Modell aber einen signifikanten Mediatoreffekt zeigt, bedeutet das nicht unbedingt, dass wirklich eine Mediation im Sinne eines kausalen Einflusses von X auf Y über einen Mediator Z vorliegt. Es gibt auch alternative Erklärungen, die zu vergleichbaren statistischen Ergebnissen führen können. Gleichwohl sind derartige Untersuchungen sinnvoll: Denn Sie können u.U. ein Mediatormodell widerlegen, wenn die Daten nicht zur Mediationshypothese passen.

Mit einer Längsschnittstudie kommt man dem Nachweis eines kausalen Einflusses schon etwas näher, weil eine zeitliche Abfolge ein Indiz für Kausalität sein kann. Wenn sich zunächst die unabhängige Variable X ändert und sich dann nacheinander eine Änderung beim vermuteten Mediator M zeigt und anschließend bei der abhängigen Variable Y, dann deutet das auf einen kausalen Zusammenhang hin.

Das funktioniert aber nur dann, wenn die Wirkung von X auf den Mediator und die Wirkung vom Mediator auf Y eine gewisse Zeit benötigen. Für beispielsweise gesellschaftliche Entwicklungen oder Änderungen in der Branchenstrukur könnte das vorliegen. Aber in anderen Fällen kann die Wirkungskette über den Mediator so schnell ablaufen, dass man sie im Längsschnitt nicht feststellen kann.

Hinreichend sicher kann man kausale Zusammenhänge am ehesten mit einem randomisierten Experiment zeigen. Dabei gibt es für den Test einer Mediatorhypothese allerdings Schwierigkeiten, die es bei einer normalen Regression so nicht gibt. Das wird im dritten Teil des Tutorials noch näher betrachtet werden.

Wenn Sie also im Querschnittsdesign eine Mediation prüfen, müssen Sie bei der Interpretation Ihrer Ergebnisse vorsichtig sein. Es ist in der Regel falsch zu behaupten: „Die Analyse bestätigt, dass Y von X über den Mediator Z beeinflusst wird“ u.ä. Eher vertretbar sind Aussagen wie „Die Analyse ist konsistent mit einem Einfluss von ...“ oder „Die Ergebnisse passen zu einem Einfluss von ...“.

8. Mögliche Alternativerklärungen zur Mediation

Welche alternativen Erklärungen können dazu führen, dass ein Mediatormodell signifikant wird? Ein solches Ergebnis kann verschiedene Ursachen haben:

1. Ein echter Mediatoreffekt liegt vor.

Grafik echter Mediatoreeffekt


2. Der vermutete Mediator ist nur ein Korrelat zum eigentlichen (nicht im Modell enthaltenen) Mediator.
Die Wirkung von X auf Y wird also durch die Variable Z' vermittelt, die im Modell nicht enthalten ist, aber mit der im Modell untersuchten Variable M korreliert.

Grafik Mediator Korrelat von nicht im Modell enthaltener Variable


3. Der Mediator kann auch abhängig von der abhängigen Variable Y sein.
X wirkt also direkt auf Y (oder über einen nicht im untersuchten Modell enthaltenen Mediator) und die als Mediator untersuchte Variable M wird von Y beeinflusst.

Grafik Mediator abhängig von Y


9. Notation der Effekte

Bevor wir betrachten, wie man einen Mediationseffekt mittels Regressionsanalyse testen kann, müssen wir einige übliche Abkürzungen für die verschiedenen Effekte in einem Mediationsmodell kennenlernen.

Dabei unterscheidet man zwischen den unbekannten wahren Effekten in der Population (Grundgesamtheit) und den geschätzten Effekten als Ergebnis der Regressionsanalyse. Populationsgrößen werden mit griechischen Buchstaben dargestellt (gamma für c, alpha für a, beta für b), geschätzte Parameter mit gewöhnlichen Buchstaben. Im Folgenden werden immer die aus der Stichprobe geschätzten Pfade verwendet und damit die normalen Buchstaben.

Grafik Effektnotation Mediation


Im oberen Bild sind die geschätzten Effekte dargestellt:
c: Gesamter Pfad von X nach Y
a: Pfad von X zum Mediator M
b: Pfad vom Mediator M zu Y
c': Direkter Pfad von X nach Y, wenn auch der indirekte Pfad a-b Teil des Modells ist.

10. Verschiedene Ansätze zur Prüfung von Mediationshypothesen

Es gibt vor allem zwei weit verbreitete praktische Ansätze zur Prüfung von Mediationshypothesen. Der ursprüngliche Ansatz geht auf Baron und Kenny (1986) zurück und hat lange Zeit dominiert. Da er jedoch einige Schwächen hat, wird er in den letzten Jahren vom Ansatz von Preacher und Hayes (2004) langsam zurückgedrängt.

Beide Verfahrensweisen haben viele Gemeinsamkeiten, das neuere Verfahren modifiziert lediglich einige Punkte bei der Hypothesentestung.

Insofern wird im Folgenden zuerst das Vorgehen nach Baron und Kenny dargestellt. Dieses Wissen benötigt man, um die späteren Modifikationen von Preacher und Hayes zu verstehen, die im zweiten Teil des Tutorials erklärt werden.

11. Prüfschema von Baron und Kenny

Bei der Mediationsanalyse nach Baron und Kenny werden insgesamt vier Effekte geprüft. Zunächst werden diese vier Effekte erläutert. Anschließend werden Sie sehen, mit welchen Regressionsmodellen Sie diese Effekte prüfen können.

1. Einfluss der unabhängigen Variable X auf die abhängige Variable Y

Damit ein Effekt von einer dritten Variable vermittelt (mediiert) werden kann, muss nach dem Ansatz von Baron und Kenny überhaupt ein Effekt vorliegen. Daher wird als erstes geprüft, ob die unabhängige Variable überhaupt einen signifikanten Effekt auf die abhängige Variable hat. Nach der oben kennengelernten Notation geht es hier also um den Pfadkoeffizienten c. Dieser muss signifikant sein.

2. Einfluss der unabhängigen Variable X auf den Mediator M

Eine weitere Voraussetzung für eine Mediation ist, dass die unabhängige Variable einen signifikanten Effekt auf den vermuteten Mediator hat. In der o.g. Notation ist dies der Pfadkoeffizient a, dieser muss signifikant sein.

3. Einfluss des Mediators M auf die abhängige Variable Y

Der Mediator muss einen signifikanten Einfluss auf die abhängige Variable haben, und zwar unter Kontrolle des direkten Einflusses der unabhängigen Variable auf die abhängige Variable. Nach der verwendeten Notation ist dies der Pfadkoeffizient b.

4. Verschwinden oder Rückgang des direkten Einflusses der unabhängigen Variable X auf die abhängige Variable Y

Von einer Mediation spricht man nur dann, wenn unter Einbeziehung des Mediators der direkte Effekt entweder ganz verschwindet, also nicht mehr signifikant ist. Dann liegt eine vollständige Mediation vor.

Oder, wenn der direkte Effekt zwar weiterhin vorhanden ist, aber bei Einbezug des Mediators deutlich schwächer wird. Dann spricht man von partieller Mediation. Allerdings ist diese Bedingung ein wenig unscharf - was gilt als deutlich schwächer?

Nach der verwendeten Notation muss der direkte Einfluss c' bei vollständiger Mediation verschwinden. Bei partieller Mediation muss dieser betragsmäßig kleiner werden als der volle Effekt c.

Geprüft werden diese vier Bedingungen in drei Regressionsmodellen.

1. Regressionmodell mit der unabhängigen Variable X als Prädiktor und der abhängigen Variable Y als Kriterium. Hier erhält man eine Schätzung für den Pfad c.

Grafik Mediation Regressionsmodell 1


2. Regressionmodell mit der unabhängigen Variable X als Prädiktor und dem Mediator M als Kriterium. Hier erhält man eine Schätzung für den Pfad a.

Grafik Mediation Regressionsmodell 2


3. Regressionmodell mit der unabhängigen Variable X und dem Mediator M als Prädiktoren und der abhängigen Variable Y als Kriterium. Hier erhält man sowohl eine Schätzung für den Pfad b (Regressionsparameter für den Mediator) als auch für den Pfad c' (Regressionsparameter für die unabhängige Variable).

Grafik Mediation Regressionsmodell 3


Ein Mediatoreffekt liegt nach Baron und Kenny vor, wenn alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:

  • signifikant c (1. Regressionsmodell)
  • signifikant a (2. Regressionsmodell)
  • signifikant b (3. Regressionsmodell)
  • nicht signifikant c' – vollständige Mediation – oder Betrag von c' deutlich kleiner als Betrag von c – partielle Mediation (3. Regressionsmodell)

Bereits wenn eine einzige der vier Bedingungen nicht erfüllt ist, dann kann nach Baron und Kenny keine Mediation gezeigt werden.

12. Stärke des indirekten Effektes

In der Regel möchte man nach erfolgreicher Prüfung der Mediation auch wissen, wie stark der indirekte Effekt (über den Pfad a-b) denn ist. Dazu multiplizieren Sie einfach die beiden Koeffizienten a und b miteinander.

Bei einem a-Pfad mit beispielsweise dem Regressionsgewicht 0.50 und einem b-Pfad mit dem Regressionsgewicht 1.20 ergäbe sich für den indirekten Pfad insgesamt ein Gewicht von 0.50 x 1.20 = 0.60.

13. Signifikanz des indirekten Effekts: Sobel-Test

Sie haben erfolgreich ein Mediationsmodell getestet. Unter anderem sind die Pfade a und b signifikant, die zusammen den indirekten Effekt erzeugen. Ist damit auch der indirekte Effekt insgesamt signifikant? Das lässt sich daraus leider noch nicht schließen. Es ist möglich, dass beide Teilpfade a und b signfikant sind, der gesamte indirekte Effekt a b es jedoch nicht ist. Daher muss dieser Effekt gesondert auf Signifikanz getestet werden.

Für die Testung des indirekten Effekts gibt es einen gesonderten Test: den Sobel-Test (Sobel, 1982). Dieser testet die Nullhypothese, dass in der Population der indirekte Effekt gleich Null ist. Ein signikanter Sobel-Test bedeutet also, dass es einen signfikanten indirekten Effekt gibt.

Das Ergebnis des Sobel-Tests kann dabei vom Ergebnis nach Baron&Kenny abweichen. Es ist möglich, dass alle Bedingungen nach Baron&Kenny erfüllt sind, aber der Sobel-Test nicht signifikant wird. Und auch umgekehrt, ein signifikanter Sobel-Test kann vorliegen, wenn nicht alle Bedingungen nach Baron&Kenny erfüllt sind.

Wie funktioniert dieser Test? Als Prüfgröße wird der indirekte Effekt durch den Standardfehler dieses Effektes dividiert und der Wert mit dem kritischen z-Wert für das gewünschte Signifikanzniveau alpha verglichen.

Allerdings weist der Sobel-Test Annahmen auf, die in der Regel nicht erfüllt sein dürften. So fordert er Normalverteilung für den indirekten Pfad. Wenn die beiden Teilpfade a und b jedoch normalverteilt sind, ist es das Produkt dieser beiden Größen in der Regel aber nicht. Insofern ist der Sobel-Test mit äußerster Vorsicht zu genießen, insbesondere bei kleineren und mittelgroßen Stichproben.

Das ist auch einer der Gründe, warum sich in den vergangenen Jahren ein anderes Verfahren zur Testung von Mediationshypothesen durchgesetzt hat: der Ansatz von Preacher und Hayes (2004). Außerdem ist die Teststärke des Sobel-Tests geringer als moderne Ansätze – es ist also schwieriger, einen tatsächlich vorhandenen Effekt aufzufinden.

14. Aufruf in SPSS für Schema Baron&Kenny

Mit der nachfolgenden SPSS-Syntax können Sie eine Mediationsanalyse nach dem Schema von Baron und Kenny durchführen. Dabei müssen Sie nur statt X, Y und M die Bezeichnungen für Ihre unabhängige Variable, abhängige Variable und Mediator in die Syntax aufnehmen.

/* Schätzung von c*/

REGRESSION
/MISSING LISTWISE
/STATISTICS COEFF OUTS R ANOVA
/CRITERIA=PIN(.05) POUT(.10)
/NOORIGIN
/DEPENDENT Y
/METHOD=ENTER X.

/* Schätzung von a*/

REGRESSION
/MISSING LISTWISE
/STATISTICS COEFF OUTS R ANOVA
/CRITERIA=PIN(.05) POUT(.10)
/NOORIGIN
/DEPENDENT M
/METHOD=ENTER X.

/*Schätzung von b und von c'*/

REGRESSION
/MISSING LISTWISE
/STATISTICS COEFF OUTS R ANOVA
/CRITERIA=PIN(.05) POUT(.10)
/NOORIGIN
/DEPENDENT Y
/METHOD=ENTER X M.

Der Aufruf aus den Menüs heraus wird hier erklärt:
Aufruf SPSS Mediatoranalyse Baron&Kenny

15. Interpretation SPSS-Output Mediation nach Schema Baron&Kenny

Wie Sie die SPSS-Auswertungen bei einer Mediationsanalyse interpretieren, wird mit mehreren Beispielen und Übungsaufgaben hier erklärt:
Interpretation SPSS-Auswertung Mediatoranalyse Baron&Kenny

16. Fallen bei der Ergebnisdarstellung

Bei der Ergebnisdarstellung gibt es eine wichtige Unterscheidung zwischen Kausalität (in echtem Experiment gezeigt) und korrelativen Zusammenhängen (als Ergebnis nicht-experimenteller Untersuchungen). Eine Mediationsanalyse alleine beweist keine Kausalität, sie hat höchstens Ergebnisse, die mit einer Kausalität vereinbar sind (aber eben nicht nur damit). Daher müssen Sie bei der Ergebnisdarstellung sehr auf Ihre Formulierungen achten. Wenn Sie bei einer nicht-experimentellen Untersuchung Formulierungen wie „unabhängige Variable“, „abhängige Variable“, „beeinflusst“, „bewirkt“, „verursacht“, etc. verwenden, kann das schnell zu Punktabzügen bei einer Arbeit führen.

Wenn es sich um eine korrelative, nicht-experimentelle Untersuchung handelt, dann sind folgende Formulierungen meistens vorzuziehen:

  • „Prädiktor“ statt „Unabhängige Variable“
  • „Kriterium“ statt „Abhängige Variable“
  • „signifikanter Zusammenhang“ statt „signifikante Wirkung“
  • "ist konsistent mit" statt "beweist", "zeigt"

17. Schwächen des Ansatzes von Baron&Kenny

Das Vorgehen nach dem Schema von Baron&Kenny hat folgende Schwächen:

  • Das Vorgehen nach dem Schema testet nicht die Signifikanz des indirekten Pfades. Und der daher häufig zusammen mit diesem Vorgehen verwendete Sobel-Test hat Probleme hinsichtlich seiner Annahmen und der Teststärke.
  • Die erste Voraussetzung bei Baron und Kenny, dass X einen signifikanten Einfluss auf Y hat, erscheint zwar intuitiv logisch, ist es aber bei genauerer Betrachtung nicht. Es ist durchaus denkbar und auch praxisrelevant, dass der totale Pfad c aufgrund eines hohen Standardfehlers und einer zu geringen Teststärke/Stichprobengröße nicht signifikant wird und es dennoch einen signifikanten indirekten Pfad a-b gibt.
  • Die Unterscheidung zwischen vollständiger und partieller Mediation ist problematisch, soweit sie sich nur an der Signifikanz des Pfads c' orientiert. Was macht man, wenn zwar der direkte Pfad unter Einbeziehung des Mediators nicht mehr signifikant ist, aber immer noch ein höheres Regressionsgewicht aufweist als der indirekte Pfad a-b? Dann von vollständiger Mediation zu sprechen, ist u.U. irreführend.

Daher haben u.a. Preacher und Hayes (2004) ein Verfahren entwickelt, das mit Hilfe nonparametrischer Methoden die Signifikanz des indirekten Pfades direkt prüft. Dieses Verfahren wird in Teil 2 des Tutorials dargestellt: Mediatoranalyse 2: Schätzung indirekter Effekte mit Bootstrapping

18. Quellen

Baron, R. M., & Kenny, D. A. (1986). The moderator–mediator variable distinction in social psychological research: Conceptual, strategic, and statistical considerations. Journal of personality and social psychology, 51, 1173-1182. doi:10.1037/0022-3514.51.6.1173

Cho, T. S., & Hambrick, D. C. (2006). Attention as the mediator between top management team characteristics and strategic change: The case of airline deregulation. Organization Science, 17, 453-469. doi:10.1287/orsc.1060.0192

Field, A. (2013). Discovering statistics using IBM SPSS statistics: And sex and drugs and rock 'n' roll (4th edition). Los Angeles, CA: SAGE.

Pettigrew, T. F., & Tropp, L. R. (2008). How does intergroup contact reduce prejudice? Meta‐analytic tests of three mediators. European Journal of Social Psychology, 38, 922-934. doi:10.1002/ejsp.504

Picón, A., Castro, I., & Roldán, J. L. (2014). The relationship between satisfaction and loyalty: A mediator analysis. Journal of Business Research, 67, 746-751. doi:10.1016/j.jbusres.2013.11.038

Preacher, K. J., & Hayes, A. F. (2004). SPSS and SAS procedures for estimating indirect effects in simple mediation models. Behavior research methods, 36, 717-731. doi:10.3758/BF03206553

Sobel, M. E. (1982). Asymptotic confidence intervals for indirect effects in structural equation models. Sociological methodology, 13, 290-312. doi: 10.2307/270723


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